Susan Boutwell Gallery, München – Sydney 2018
CHARLOTTE ACKLIN – Erinnerung an unbekanntes Terrain
14.09.2018 – 13.10.2018, OPEN art 2018
Susan Boutwell Gallery, Theresienstr. 48, 80333 München
Mi – Fr 12 – 18, Sa 12 – 15 und nach Vereinbarung
T 0152 56004062 | contact@susanboutwell.com | www.susanboutwell.com
STAND DER DINGE
Zu den Arbeiten der Malerin Charlotte Acklin
von Prof. Bettina Blumenberg
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(Auszüge)
Diese Malerei hat etwas Aufwühlendes, sie ist Vergegenwärtigung von Expression, Exaltation, Emotion und Sensualität. Alles Gegenständliche liegt ihr fern, aber sie erlaubt der Sehenden das Versinken in Assoziationen, geleitet sie in einen Prozess des Findens auf dem Weg in die Tiefe. Zugleich ist diese Malerei die Vergegenwärtigung malerischer Möglichkeiten, die Suche nach Lösungen für den stets präsenten Widerstreit von Statik und Dynamik, Ruhe und Bewegung, Oberfläche und Untergrund, sie ist der Versuch der Überwindung grundsätzlicher Fragestellungen innerhalb des Genres Tafelbild, in denen sich Linie und Fläche, Farbe und Form gegeneinander zu behaupten haben. Der Widerstreit der Kräfte ist immens, in seiner Schwere wie in seiner Leichtigkeit, in seiner Unbedingtheit wie in seiner Erhabenheit, und er bleibt nicht folgenlos. Aus ihm generieren sich die Produktivkräfte der Malerin, und mich als Betrachterin bestärken diese, als gingen aus ihrer Streitbarkeit die Kräfte in mich über, während ich ihre widerstreitende Wirkung zu ergründen suche. Eine solche Kraftübertragung zu konstatieren, sie als eine Vermehrung, einen Zugewinn zu begreifen, das ist eine wesentliche Erkenntnis über die Malerei Charlotte Acklins, denn es ist eine existentielle Diagnose über die Verfassung ihrer Kunst.
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Und schließlich soll nicht vergessen werden, dass die Malerin auch Filmemacherin ist. Einerseits bewegt sie sich damit in einem völlig anderen technischen Metier mit einem anderen Vorrat an optischen Bedingungen, andererseits sind die Korrespondenzen und Inspirationen, die produktiven Unvereinbarkeiten und bildnerischen Ähnlichkeiten bedeutungsvoll und evident.
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Die dramatische Bewegung im Film, etwa die Geschwindigkeit einer Kamerafahrt, gerinnt im Gemälde zur Stille nach dem Sturm, aber es ist das Wesen dieser aus dem Filmischen geborenen Malerei, dass sie sich mit Ruhe, Statik, Stillstand nicht abfindet. Dagegen steht die sichtbare Geschwindigkeit der malerischen Geste, die Heftigkeit der Tiefenschürfung, das impulsive Auftragen kontrastierender Farben. Der Malgrund wird zur Momentaufnahme eines malerischen Diskurses, wer weiß, vielleicht ist es ein übermaltes Filmstill. Diese Metapher hat umso mehr ihre Gültigkeit, als die Dramatik der Filmsequenz im gemalten Bild ihre Entsprechung findet: dramatisch ist hier der malerische Prozess, das Ringen um Tiefe, um Plastizität, die Evokation von Spannung. Was sich im bewegten Bild als Geschichte, als Psychogramm, als Charakterisierung erkennen lässt, ist hier, in Charlotte Acklins Malerei, die nicht dargestellte, aber immanent thematisierte Repräsentation einer malerischen Idee. Und die könnte heißen: Vergegenwärtigung einer Expression, einer Suchbewegung, Evokation und Überwindung eines immer wieder neu sich einstellenden Zweifels, den Kern eines in Untiefen lagernden Geheimnisses nicht fassen zu können. Das künstlerische Forschungsvorhaben lautet, die Oberfläche des Sichtbaren zu verlassen und in Tiefen zu loten, immer tiefere Tiefen, als wäre der tiefste Punkt je zu erreichen. Das Sichtbarmachen des Unsagbaren könnte man es nennen oder die Repräsentation eines sokratischen Prozesses, dessen Grundbedingung es ist, immer weiter zu fragen, um zu erkennen, dass es für das Wissenwollen kein Ende gibt.
Die Autorin lehrt Literatur- und Kunsttheorie an der Akademie der Bildenden Künste München.
© Bettina Blumenberg